Wir hatten einen Übernachtungstip von Rolands Kollegen bekommen, unbedingt inmitten von Vilnius ein Hostel mit Campingplätzen anzufahren. Gesagt getan. Also stürzten wir uns mit dem LKW in den Samstags Hauptstadttrubel. Eigentlich klappte die Anfahrt sehr gut. Eine schmale Einfahrt zum Hostel wurde mit einer Schranke versperrt. Ich also rein und meldete uns an. Weit kam ich nicht. Mit Bedauern ließ mich die nette Frau wissen, dass das Hostel komplett ausgebucht ist. An eine Reservierung hatten wir natürlich gar nicht gedacht…und musste erstmal verdaut werden. Ich lotste Roland rückwärts aus der Einfahrt und dann blieb uns nix anderes übrig, als die Einbahnstraße weiterzufahren. Nach 100m sah Roland eine Parklücke am Straßenrand und parkte ein. Tja, was jetzt machen? Wieder raus aus dem Wagen und auf das Parkschild geschaut. Anscheinend hat Vilnius ein eigenes elektronisches Parksystem, was über ein App funktioniert. Die Stadt ist in farbige Zonen unterteilt, wir standen in einer roten Zone. Soweit so gut. In der App registriert und vertrauensvoll mit der Kreditkarte sowie Kennzeichen angemeldet konnte mich das Programm orten und mir den Preis/Stunde nennen. Ich brauchte nun nur noch auf Start drücken und nachher beim Rückweg auf Stopp und der angegebene (es waren am Ende 7,80€) Preis wurde abgebucht. Echt cool – keine Ahnung, ob wir das System in Deutschlands Städten auch haben aber ich komme ja auch vom Dorf. Also konnten wir jetzt endlich die tolle Stadt bei besten Wetter besuchen. Erstmal gehts über den Rathausplatz zur Pilies Gatve, der mit vielen Restaurants und Läden versehenen ältesten Strasse der Stadt bis zur Touristik Information, von der wir netterweise kostenlos eine Karte und einen kleinen Reiseführer bekommen.
Ich kann mich nicht erinnern, ob ich mir in einer einzigen Stadt so viele unterschiedliche Kirchen angeschaut habe und in denen dann noch jeweils gleichzeitig eine Trauung stattfand. Roland wartet teilweise draußen auf mich – ich schaue neugierig in der Kirche zu und bewundere gleichzeitig die Decken, Gemälde, Fenster und oft sehr prunkvoll gestalteten Altare. Während man dann vor den Kirchen dem Treiben der erlesenen Gesellschaften zuschauen konnte – bestaunen Roland und ich nebenbei die Automobile, die vorfahren. Maybach, Porsche, ob als Geländewagen oder 911, viele deutsche Fabrikate in einer Anhäufung, die eher an die Kö erinnern lässt… !
Aber zurück zum Ort. Wir haben zu Fuß einen grossen Bogen um die Stadt geschlagen. Angefangen am Platz der St. Stanislaus Kathedrale plus Glockenturm ging es weiter zum Alten und Neuen Arsenal und dem Palast des Großfürsten, dem auch ein Denkmal gesetzt wurde.


Darüber thronend der Burgberg mit dem Gediminas-Turm.


Nun zurück über den Simonas-Daukantes Platz zum Universitätsviertel und Glass-Quartier. Und wieder an weiteren Kirchen vorbei wie die katholische Heilig-Geistkirche und die St. Johanniskirche. Danach geht es bei der Hitze in ein Restaurant und wir verschnaufen und essen einen Salat.
Es ist schon phantastisch, welche geschichtsträchtigen Gebäude die Stadt aufzuweisen hat. Wir sind uns bewußt, dass wir nur einen Bruchteil gesehen haben, aber es war uns auch klar, dass der Schwerpunkt der Reise eher im entspannten Campingleben in freier Natur und „etwas Kultur“ liegt. Bereits auf dem Rückweg besichtigen wir noch das gotische Ensemble der Anna- und Bernhardiner Kirche. Auch hier erwarten uns Hochzeitsgesellschaften aber in die wunderschöne, mit 33 verschiedenen Backsteinformen erbaute Anna-Kirche gehen wir trotzdem rein.


Östliche der Altstadt liegt noch das Künstlerviertel Uzupis auf unserem Weg mit kleinen idyllischen Hinterhöfen und Galerien. 1997 gründeten die Bewohner ihre eigene „Spaßrepublik“ mit einer Verfassung mit 41 Artikeln, die in vielen Sprachen aushängt.. Sehr lustig 🙂


Toll war der Besuch der Hauptstadt und auf jeden Fall noch einmal einen Besuch wert!
Zurück am LKW entscheiden wir uns, noch bis zum nächsten Ziel in den Aukstaitija Nationalpark durchzufahren. Das bedeutet leider noch etwas Strecke aber ansonsten kommen wir mit unseren 3 Wochen Zeit nicht weit. Auf dem Weg dorthin, machen wir aber noch Stop bei dem „Europos Centras“, dem rechnerisch ausgewiesenen Mittelpunkt des europäischen Kontinents. Anlässlich des EU-Beitritts des Landes wurde die Granitsäule mit einer Krone aus goldenen Sternen von einem bekannten litauischen Bildhauer enthüllt.



Um 8 Abends erreichen wir endlich müde den Nationalpark mit seinen über 100 Seen – Relikte der Eiszeit und seinen knuffigen Dörfern aus farbigen Holzhäusern und finden einen Platz auf den im Park an vielen Stellen kostenlos angebotenen Stellen.
Noch eine Anmerkung zum Schluss: Die Fahrt zum Europos Centras war auch nicht uninteressant. Eine kilometerlange Baustelle für die Fahrbahnsanierung mit einer Ampelschaltung, die kein grün kennt. Artig blieben wir davor stehen und harrten der Dinge, die da kommen , während die PKWs hinter uns, uns munter überholten. Schließlich reichte es uns auch und wir fuhren ebenfalls los. Die aktiven Bauarbeiter schauten noch nicht mal hoch…über das Staunen hinaus fuhren wir natürlich an der Abfahrt innerhalb der Baustelle vorbei und Roland nun ganz keck drehte mal auf der frischen Bahn den LKW und fuhr ab….die Menschen hier sind angenehm unaufgeregt und das färbt langsam ab.