Was ich gedacht habe, als wir um 23Uhr pünktlich losgingen, weiß ich nicht mehr. Ich hatte nur 2 Kekse und einen warmen Tee zu mir nehmen können. Der Rucksack war gefühlt zu schwer und mir war viel zu warm auf den ersten Metern in die Höhe. Ich kenne das bereits von meinen Wanderungen in Deutschland. Bis ich warmgelaufen bin, benötige ich immer etwas Zeit. Mein Puls ist anfangs zu hoch und ich muss langsam beginnen. Meinen Männern dagegen schien es super zu gehen. Beide hatten vorsorglich eine Ibu genommen und bewiesen plötzlich absoluten Willen und Stärke. Bei mir lief es überhaupt nicht rund. Während die Tage davor ich mich bestens präpariert hielt, hatte sich ausgerechnet am Aufstieg das Blatt gewendet. Mir war unwohl und ehe ich es versah übergab ich mich mitten am Berg in totaler Finsternis. Augustin beruhigte mich, das würde ganz vielen in der Höhe passieren, kein Grund zur Sorge. Ich fühlte mich tatsächlich auch besser und kam in einen besseren Tritt. Ja und dann kam die Kälte, kroch in meine Fingerhandschuhe und meine Klamotten. Ich brauchte eine weitere Daunenjacke und meine Regenhose und war kaum fähig, mich anzuziehen, weil meine Finger bereits so kalt waren. Augustin fackelte nicht lange und übergab mir seine eigenen dicken Daunenhandschuhe. Auf die Idee, mich zu fragen, welche Handschuhe er dann selbst anzieht, kam ich gar nicht. Immer weiter quälte ich mich in Trippelschritten die steilen Serpentinen hoch. Meine Brillengläser waren mittlerweile total vereist, immer wieder kam ich vom Weg ab, kurzsichtig wie ich bin, hatte kaum noch Sicht. Roland, der hinter mir ging, verfolgte Gott sei Dank meine Schritte und passte auf, dass ich mich nicht in den Abgrund stürzte…..
Es schneite und meine Mützen und Jacke waren steifgefroren, meine Haare weiss und mit einer Eisschicht bedeckt, meine Skistöcke dreimal so dick. Als Augustin an der Hans Mayer Cave bei 5200m feststellt, wir hätten die Hälfte geschafft, wäre ich am liebsten den Berg wieder runtergelaufen. Erst 400 Höhenmeter??? Es war 2 Uhr morgens und ich fragte mich nicht das erste Mal, was ich hier eigentlich treibe. Die beruhigende Stimme meines Mannes und die antreibende Stimme des Guides ließen mich nicht aufgeben und immer weitergehen. „Almost“ hörte ich irgendwann viel später den Guide sagen, „Almost“! Hatte Roland nicht erzählt, kurz vom Gilmans Point gäbe es größere Felsen zu erklettern? Hier waren Felsen und ich schöpfte Hoffnung. Plötzlich Florians Rufe, dass er Holz sieht. Ich konnte es nicht fassen. Ein Felsen noch umklettert und wir standen plötzlich alle vor dem ersten Gipfelpunkt auf 5685m.
Wer diese Besteigung schon erlebt hat, weiß um die Emotionen, die plötzlich frei werden. Ich habe mich heulend in die Arme meines Mannes geschmissen und war unendlich dankbar und froh, es geschafft zu haben. Eine halbe Tasse Tee und ein Gipfelfoto weiter stand für mich fest, dass ich nicht noch weitere 1.5h bis zum Uhuru Peak gehen möchte.
Es gab Kälte, Schnee und eine undurchdringlich graue Wand, aber keinerlei Weitsicht und damit auch keinen Grund für weitere Quälerei. Meine Männer hatten dagegen noch genügend Kraft und Willen-ich wünschte ihnen viel Erfolg, verabschiedete mich und lief in einem Affentempo mit Julius, dem 2. Guide, den Berg bis auf 4700m zum Kibo Hut hinunter. Um 8Uhr saß ich bereits im Zelt mit einem Süppchen und wartete. Es sollten noch 4,5h vergehen, bis erst Roland und dann Florian in 1km Abstand voneinander total erschöpft im Zelt ankommen sollten. Sie hatten den Uhuru-Peak auf 5895m erfolgreich erreicht.
Bericht Roland: Der oftmals als kurzer Aufstieg zum Uhuru Peak beschriebene Weg hatte es noch ganz schön in sich. Nach einer kurzen Passage, in der wir noch geschützt von Felsen durch den Schneesturm gehen konnten, ging es den größten Teil des Weges ungeschützt über den Kraterrand nochmals ca. 200m bergauf. Uns ging es beiden körperlich recht gut und in aller Ruhe mit winzigen Schritten gingen wir voran. Die längere Akklimatisation hatte sich bezahlt gemacht. Der eisige Wind und der Eisregen machte uns allerdings deutlich zu schaffen. Sehen konnten wir inzwischen praktisch nichts mehr, unsere Brillen waren komplett zugefroren und an eine Pause war nicht zu denken. Am Uhuru Peak angekommen lagen wir uns glücklich in den Armen; noch ein schnelles Gipfelfoto und dann nichts wie wieder runter.
Wir waren nun Stunden bereits unterwegs ohne Schlaf und es gab noch keine Erlösung für uns. Nach einer kleinen Pause mussten wir noch 3h und weitere 1000Höhenmeter nach unten laufen bis zum Horombo Hut auf 3700m.
Uns brannte jeder Muskel in den Beinen. Erschöpft fielen wir in die Schlafsäcke und schliefen zum ersten Mal wieder richtig tief und fest.
Anmerkung: ja und wenn man es nicht schafft oder Höhenprobleme bekommt, dann gibt es diese vertrauenserweckende Transportliege. Ich bin froh, keine Bekanntschaft damit gemacht zu haben…..
Am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns begeistert von unseren 11 Portern und machten uns auf den 20km langen Rückweg der Marangu-Route bis zum Gate auf 1800m Höhe. Nach 6 Stunden Gehzeit erreichten wir dann glücklich und müde das Zielgate, um unsere Urkunden in Empfang zu nehmen, Abschiedsfotos mit den Guides zu schiessen und mit einem Kilimanjaro-Bier zum Lunch gemütlich anzustossen.
Während wir dort saßen wartete bereits Charly, unser Freund und altbekannte Guide für die anstehenden Safaris am Auto und lachte uns entgegen….ich war so glücklich, ihn zu sehen und freute mich auf ein paar kommende Tage Erholung.
https://webspecial.tagesanzeiger.ch/longform/kilimandscharo
Hallo meine Lieben, da gab es bei uns gerade auch einen Artikel über diese Bergtour. Ihr seid ja wirklich super sportlich..Und das nur mit einem Sylt Sanddünen Training Liebe Grüsse aus der Schweiz, Eure Bruno und Ruth
Hi, Ihr Lieben,
hab gerade mit großem Interesse über Eure Kili-Besteigung gelesen; hat mich sehr beeindruckt. Diese Art Grenzerfahrung kann der „Lusen-Aufstieg“ (ha,ha) wohl nicht bieten, aber ich schätze, ich werde mich in Zukunft damit zufrieden geben müssen. Du hast wieder mal super kommentiert, Annette. Vielen Dank dafür.
Liebe Grüße, Gabi
Mein Gott, was für eine Leistung
Mein Gott, was für eine Anstrengung
Mein Gott, was für ein tolles Erlebnis !!!
Herzliche Glückwünsche den Drei Paffis.
Eure Bewunderer
Willy und Marlene
Hallo Ihr Lieben, vielen Dank für den Kommentar! Wir wünschen Euch und der Familie noch ein gesegnetes und gesundes neues Jahr und senden herzliche Grüsse, Annette&Roland
Lieber Roland,
Dir ,Deiner Frau und Deinem Sohn meine herzlichsten Glückwünsche zu der erfolgreichen Besteigung des Kili.
Alte Erinnerungen kommen bei mir auf.Am liebsten würde ich es ja auch noch einmal versuchen.Aber Eure Bedingungen waren ja ungleich schwerer. Gratulation auch von meiner Frau
Dieter
Lieber Dieter, vielen Dank für die Glückwünsche auch an Deine Frau. Ich musste oft an unser Tour denken und meine Familie musste sich das ein oder ander mal anhören wie damals gewesen ist. Das Wetter war leider kein Vergleich. Gerne hätten wir auch einmal komplett blauen Himmel gehabt. Gruss Roland
Hallo ihr drei Lieben,
ich habe täglich Eure Seite besucht und finde nun endlich heute Euren Reisebericht – kurz gesagt: Hammer! Liebe Annette Du schreibst so beeindruckend von der Besteigung, sodass ich fast dabei war zum Glück ohne die körperliche Anstrengung. Auch auf diesem Wege noch einmal: herzlichen Glückwunsch! Ich freue mich schon auf weitere Fotos (für die Fotos der Schneemänner findet sich bestimmt noch einmal eine gute Verwendung). Liebe Grüße Susanne
Vielen Dank Susanne! Als in den Aufstieg gestern Abend beschrieb, sah ich mich selbst wieder am Berg und durchlebte alles noch einmal. Wenn die Fotos und meine Garmin-Aufzeichungen nicht wären….es erscheint mir jetzt alles fast unwirklich. LG an alle, Annette
Ihr Lieben, wir lesen gerade ganz gespannt ,wie Ihr den Kilo
„bezwungen“ habt, und unsere Hochachtung wächst von Zeile zu Zeile ! Bei diesen Wetterbedingungen ist der Anstieg bestimmt
doppelt so schwer . Wir freuen uns mit Euch, daß Ihr es geschafft
habt. GRATULATION.
Vielen Dank, liebe Eltern! Meine 6km Joggingrunde war gerade fast genauso schwierig….. 😉